Monat: Mai 2018

Die Monarchie – absurd, aber erfolgreich

Einen Menschen aufgrund seiner Geburt über alle anderen herauszuheben und mit enormen materiellen und ideellen Privilegien auszustatten, wirkt heute absurd. Doch die Briten befürworten die Monarchie mit grosser Mehrheit. Es gibt kaum ein politisches Thema, bei dem mehr Einigkeit herrscht. Die Königin wird von allen respektiert – im Gegensatz zu den Politikern. Das Königshaus steht für Kontinuität in einer sich rasch wandelnden Welt. Es funktioniert als Realityshow, aber auch als verbindende Kraft.

Die Show ist teuer, aber auch ein touristischer Trumpf. Und sie richtet weniger Schaden an als die Politshows in manchen Republiken. Auch sonst halten parlamentarische Monarchien einem Vergleich mit Republiken stand. Gemessen am Wohlergehen der Bevölkerung gehören Dänemark, Schweden, Norwegen, Liechtenstein, Japan, Grossbritannien oder die Niederlande zu den erfolgreichsten Ländern. Freiheit, Wohlstand, Fortschritt und Rechtssicherheit sind nicht von der Staatsform abhängig, sondern vom Funktionieren der Institutionen.

Aber in einer Demokratie hängt die Monarchie letztlich von der Zustimmung in der Bevölkerung ab. Solange sie populär bleibt, ist sie unantastbar. In diesem Sinn verleiht die Hochzeit der Bürgerlichen Meghan Markle mit Prinz Harry der Monarchie Zukunft.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 20. Mai 2018

Propaganda für die Kuhmilch genügt nicht mehr

In den 1960er-Jahren erwachte der Widerstand. Vereinzelte Ärzte zweifelten am Nutzen der Pausenmilch, Erzieher wehrten sich gegen die Propaganda in der Schulstube, Umweltschützer kritisierten den Tetrapackabfall. Und vor allem verweigerten sich immer mehr Schüler dem Wundertrank.

Die Propagandazentrale, die heute Swissmilk heisst, versuchte den Widerstand mit Ovomaltine, Vanille- und Erdbeer-Shakes zu brechen. Doch Zucker in der Schule geht natürlich gar nicht mehr. Am letztjährigen «Tag der Pausenmilch» wurde wieder ausschliesslich «Milch nature» ausgeschenkt.

Gegen die Unlust auf Milch nützt auch die anhaltende Propaganda der Milchorganisationen wenig. Jährlich rund 20 Millionen Franken stecken Produzenten und Bund in die Absatzförderung von Milchprodukten. «Eine nachhaltige Wirkung in Bezug auf das Konsumverhalten ist nicht festzustellen», hielt der Bundesrat vor einem Jahr klipp und klar fest.

Milch ist längst kein Nationalgetränk mehr. Der Konsum geht stetig zurück. Noch nie tranken Schweizerinnen und Schweizer so wenig Milch wie im Jahr 2017. Veränderte Konsumgewohnheiten, Kritik an der Tierhaltung, Diäten und ein zunehmender Gesundheits- und Ernährungswahn machen es dem einstigen Nationalgetränk schwer. Manche Eltern nehmen gar lieber Fehlernährungen in Kauf, als ihren Kindern Kuhmilch zu geben.

Nun will die Milchwirtschaft mit einer neuen Werbestrategie das Image der Kuhmilch aufpolieren. Ob es gelingt, ist fraglich. Die nach wie vor auf Hochleistung ausgerichtete Milchwirtschaft entspricht bei weitem nicht dem Ideal einer nachhaltigen Produktion. Propaganda verfängt da längst nicht mehr.

Der nächste «Tag der Pausenmilch» findet am 13. November statt. Vielleicht wäre es nach 100 Jahren mal Zeit füretwas Neues.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 13. Mai 2018

Nach 88 Jahren wiederholt sich die Geschichte

Die Politiker ignorierten die Warnung, und «die Amerikaner zahlten den Preis», schreiben die Ökonomen und mahnen dringend, «diesen Fehler nicht zu wiederholen». Es gibt nicht viele Fragen, bei denen sich die Fachleute so einig sind wie in der Beurteilung des Protektionismus. Trotzdem droht dem Appell das gleiche Schicksal wie jenem vor 88 Jahren. Der Protektionismus ist nicht ökonomisch motiviert, sondern politisch. Es geht um den Schutz von Branchen und Trumps politisches Kalkül. Dieses Spiel beherrscht aber nicht nur er. Viele, die Massnahmen gegen den Klimawandel mit der Einigkeit der Klimawissenschaftler begründen, ignorieren wissenschaftliche Erkenntnisse, wenn es um Gentechnik geht. Tausende Wissenschaftler, darunter über 100 Nobelpreisträger, brandmarken den Widerstand gegen den von Forschern entwickelten Golden Rice, der Vitaminmangel bekämpft, als Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Politiker bedienen sich im wissenschaftlichen Arsenal mit Munition, wenn sie sich davon Schub für ihre Anliegen versprechen. Wenn die Wissenschaft widerspricht, wird sie ignoriert oder schlechtgemacht.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 6. Mai 2018