Fiskalpolitik

Das Ausschalten von Steueroasen kann Jobs kosten

Der auf öffentliche Finanzen und Unternehmenssteuern spezialisierte Professor der Duke University zeigt: Schlupflöcher in Steueroasen zu bekämpfen, kann schwere unbeabsichtigte Nebenwirkungen haben. So schlossen die USA zwischen 1996 und 2006 ein Steuerschlupfloch für US-Multis in Puerto Rico. Das brachte erst mal höhere Steuereinnahmen. Aber die betroffenen Multis beschäftigten in den USA rund 11 Millionen Arbeitnehmer und zeichneten für 16 Prozent der Investitionen von kotierten Firmen verantwortlich. Weil das Ende des Schlupflochs ihre Investitionen in den USA verteuerte, reduzierten sie diese um 38 Prozent und verlagerten 1 Million Stellen ins Ausland. Besonders betroffene lokale Arbeitsmärkte litten noch 15 Jahre nach der Steuerreform an tieferen Löhnen und geringerer Beschäftigung.

Einseitige Aktionen gegen das Verschieben von Gewinnen können auch schlecht ausgehen, warnt der Forscher. Mögliche negative Auswirkungen von Trumps Steuerreform auf das Investitionsverhalten von US-Multis seien ungenügend untersucht worden. Die neuen Minimalsteuern für immaterielle Erträge könnten zu Arbeitsplatzverlusten in den USA führen, weil sie die Steuerlast für mobiles Kapital erhöhen. Er empfiehlt stattdessen multilaterale Vorgehensweisen gegen Gewinnverschiebungen. Aber eben: Multilaterale Aktionen sind nicht Trumps Sache.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 12. August 2018

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Moralischer Appell lässt Steuern sprudeln

«Pöstler bringen Freude», behauptet die Post. Schön wärs. Alle Jahre wieder findet man im Briefkasten ein dickes Couvert mit hohem Wiedererkennungswert, das einem mit Sicherheit die Laune verdirbt: die Steuererklärung. In der Schweiz enthält der Brief der Steuerverwaltung meist nur trockene Informationen und Anweisungen. In Norwegen, das wie die Schweiz auf Selbstdeklaration setzt, haben Verhaltensökonomen in einem Experiment untersucht, wie sich ein Begleitbrief auf die Steuerehrlichkeit auswirkt.

Die Steuerbehörde verschickte unterschiedlich formulierte Briefe an 15 000 Steuerpflichtige, die verdächtigt wurden, ausländische Einkommen nicht korrekt deklariert zu haben. Der Standardbrief wies auf die Bedeutung ausländischer Einkommen hin und legte dar, wie diese zu deklarieren seien. Zwei Briefe enthielten moralische Appelle: Sie zeigten den gesellschaftlichen Nutzen der Besteuerung auf. Oder sie betonten, die meisten Norweger würden ihre inländischen Einkommen korrekt versteuern – es sei deshalb ein Gebot der Fairness, auch ausländische Einkünfte zu deklarieren. Ein weiterer Brief tönte an, dass die Steuerbehörde über Informationen zu ausländischen Einkommen oder Vermögen verfügen könnte. Eine Kontrollgruppe erhielt kein besonders Schreiben.

Wie wirkten sich die unterschiedlichen Vorgehensweisen auf die Steuermoral aus?

Moral ist ein starkes Argument, stellten die Forscher fest. Ein paar Worte in einem nüchternen Schreiben der Steuerbehörde beeinflussen die Steuerehrlichkeit messbar. Schon die Empfänger des Standardbriefes deklarierten mehr Auslandseinkommen als die Kontrollgruppe. Die Empfänger eines moralischen Appells hingegen deklarierten fast doppelt so viel Geld wie die Empfänger des Standardbriefes. Und der Hinweis auf eine mögliche Entdeckung führte zu einem starken Anstieg des Anteils der Steuerzahler, die Auslandseinkommen deklarierten.

Die Schweiz könnte von Norwegen lernen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 18. März 2018

USR III: Keine Reform ohne Risiken

Die Unternehmenssteuerreform wird zuerst einmal weniger Geld in die Staatskassen spülen. Aber die früheren Reformen zeigen, dass die dynamischen Wirkungen wichtiger sind

Am 12. Februar geht es um sehr viel Geld. Die Unternehmenssteuerreform III, über die wir abstimmen, wird zuerst einmal deutlich weniger Steuergelder in die Kassen von Bund, Kantonen und Gemeinden lenken. Die Kantone stecken im Dilemma: Die Anhebung der Steuersätze für die bisher privilegierten Spezialgesellschaften auf das ordentliche Niveau kann eine Abwanderungswelle auslösen. Versuchen die Kantone mit einer Senkung der ordentlichen Steuersätze gegenzusteuern, sinken die Steuereinnahmen bei allen übrigen Unternehmen.

SP und Gewerkschaften befürchten einen ruinösen Steuersenkungswettlauf und warnen vor «Milliardenausfällen». Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen.

Allerdings kommt es mit der Abschaffung der Steuerprivilegien auf jeden Fall zu Ausfällen. Ohne die neuen Instrumente, welche die Reform den Kantonen verschaffen will, wäre das Risiko beträchtlich, dass die Einnahmenausfälle noch höher ausfallen.

Die Berechnung von Steuerausfällen übersieht zudem die dynamischen Wirkungen einer Reform. So tragen die Unternehmen heute trotz Steuersenkungen sehr viel mehr zum Staatshaushalt bei. Die oft kritisierten Reformen von 1997 und 2008 waren offensichtlich sehr erfolgreich – gerade für die Staatskasse. Seit der ersten Unternehmenssteuerreform haben sich die Einnahmen aus der Gewinnsteuer bei Bund, Kantonen und Gemeinden mehr als verdoppelt.

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Sie wuchsen damit mehr als doppelt so schnell wie das Volkseinkommen.

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Die dynamischen Effekte der Reform sind auch wichtig, weil Unternehmenssteuern letztlich überwälzt werden – nicht nur auf die Kapitalgeber, sondern auch auf die Arbeitnehmer. Wenn die Steuern Investitionen hemmen, zahlen die Arbeitnehmer das über weniger Beschäftigung und geringeres Lohnwachstum mit.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 27. November 2016