Kriminalität

4 Minuten 27 Sekunden für einen Bankraub

Bankräuber sind auch nicht mehr, was sie einmal waren. Vor 50 Jahren machte Hollywood sie in «Bonnie and Clyde» zu Helden.

Bonnie-Clyde

«Bonnie and Clyde» von Arthur Penn, 1967

Beim jüngsten Überfall in der Schweiz, im April in Liestal, verhaftete die Polizei den Bankräuber noch in der Bank. Im März schaffte es ein Räuber in Näfels nicht einmal bis zu seinem Fluchtfahrzeug, einem gestohlenen Velo. Im Mai kassierte ein Bankräuber in Zürich 20 Monate -für 25 000 Franken Beute. Banküberfälle sind nichts mehr für coole, sondern eher etwas für minderbemittelte Kriminelle.

Ausser vielleicht in Italien, wo nur jeder zehnte Bankräubergefasst wird. Gemäss der European Banking Federation gab es 2015 in Europa 1280 Banküberfälle – 60 Prozent davon in Italien. Die Ökonomen Giovanni Mastrobuoni und David A. Rivers untersuchten rund 5000 Raubzüge in Italien (PDF). Der durchschnittliche Überfall dauerte 4 Minuten 27 Sekunden. Nur vier von zehn Räubern trugen eine Maske, ein Drittel flüchtete zu Fuss. Die Beute betrug im Schnitt 25 000 Franken, pro Kopf rund 14 000 Franken. Bankräuber sind Geringverdiener.

Es gibt zwei Gruppen von Bankräubern, so die Forscher: Die Hochqualifizierten rauben schnell und viel, die Unbegabten machen wenig Beute und werden schnell geschnappt. Zur Abschreckung der Hochqualifizierten empfehlen die Ökonomen längere Gefängnisstrafen. Die weniger Cleveren sollen mit Ausbildungsangeboten in alternative Beschäftigungen gelockt werden. Angesichts des häufig dilettantischen Vorgehens und der schlechten Ausbeute kann man sich allerdings fragen, ob Bankräuber rationalen Argumenten wirklich zugänglich sind. Der US-Ökonom Alex Tabarrok jedenfalls ist skeptisch: «Idioten abzuschrecken, ist schwierig.»

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 25. Juni 2017

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Mit Köpfchen gegen Hacker

10.7.2016 / Armin Müller

«Wir stehen unter Angriff», sagte Generalstabsoberst Gérald Vernez kürzlich einem Reporter dieser Zeitung. Der für die Cyber-Kriegsführung der Armee Verantwortliche sieht grosse Gefahren in der Cyberkriminalität auf uns zukommen. Er plädiert deshalb dafür, dass Cyberspezialisten des Bundes zum Gegenangriff übergehen. Die Verfolgung von meist aus dem Ausland agierenden Internetkriminellen ist extrem schwierig. Nun erhält Vernez Sukkurs aus der Wissenschaft.

Passwörter, Benutzernamen, Kreditkartendaten oder Sozialversicherungsnummern verkaufen die Hacker üblicherweise auf Untergrund-Onlineplattformen an andere Kriminelle weiter. Die Käufer nutzen die gestohlenen Daten für Einkäufe, Geldüberweisungen und Erpressungen. Dass sich das lohnt, zeigen Untersuchungen von Thomas Holt, ausserordentlicher Professor für Strafjustiz an der Michigan State University. In 320 untersuchten Transaktionen kassierten die Verkäufer zwischen 1 und 2 Millionen Dollar. In 141 davon ergaunerten sich die Käufer mit den Daten zwischen 1,7 und 3,4 Millionen Dollar, wie Holt auf der Wissenschaftsplattform «The Conversation» ausführt. Kein Wunder, häufen sich Hackerangriffe weltweit.

Die Marktplätze für Cyberkriminelle funktionieren ähnlich wie Amazon oder Ebay. Nach Abschluss des Geschäfts bewerten sich die Parteien gegenseitig. So vermindern sie das Risiko, hereingelegt zu werden. Zur Polizei gehen können sie schliesslich nicht. Weil die traditionelle Strafverfolgung bei Hackern rasch an Grenzen stösst, empfiehlt Holt, die Gauner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Käufer und Verkäufer sollten mit falschen positiven und negativen Bewertungen überflutet werden, sodass sie nicht mehr wissen, wem sie trauen können.

Generalstabsoberst Vernez, übernehmen Sie!

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 10. Juli 2016