Wenn Kapuzineräffchen menscheln

2.5.2016 / Armin Müller

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Kapuzineraffe, Costa Rica, von David M. Jensen (Storkk) (Eigenes Werk) (cc-by-sa-3.0)

Herzig sehen sie aus, die Kapuzineräffchen. Nichts Böses traut man ihnen zu. Doch die Primaten bergen ungeahnt menschliche Züge, wie drei Forscherinnen der Universitäten Yale und Harvard in einem Experiment zeigten. Die Forscherinnen deponierten Futter auf einem präparierten Tisch im Gehege eines Affen. Durch Ziehen eines Seils konnten andere Affen den Tisch zum Einsturz bringen und das Futter in einem Behälter verschwinden lassen. Während Schimpansen nur aus Rache handelten, wenn ein Affe zum Beispiel das Futter geklaut hatte, bestraften die Kapuzineraffen einfach so. Es genügte, dass der andere Affe mehr Futter hatte als sie selbst. Nach dem Motto «Was ich nicht haben kann, soll auch kein anderer kriegen», schnitten sie sich ins eigene Fleisch, um anderen zu schaden.

Diese Art von Bosheit glaubte man bisher nur dem Menschen eigen. Doch die Neigung zum Bestrafen gründet offenbar tiefer als bisher gedacht. Die Abneigung gegen Ungleichheit möglicherweise auch. So zeigten Verhaltensökonomen, dass sich der Mensch selbst schadet, um andere zu bestrafen und so die Einhaltung sozialer Normen wie Fairness zu erzwingen. Eine andere Theorie besagt, dass sich der Mensch zu diesem Zweck strafende Götter ausgedacht hat. Sie sorgen für die Einhaltung der Spielregeln, wenn niemand hinschaut.

Beide Erklärungen sind nicht sehr populär. Nur die Hälfte der Schweizer Wohnbevölkerung glaubt an Gott, wie das Bundesamt für Statistik kürzlich meldete. Und dass die Evolutionstheorie die schlüssigste Erklärung für den Ursprung des Menschen liefert, glauben auch nur 55 Prozent.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 1. Mai 2016

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