10.1.2016 / Armin Müller
Die Nationalbank gerät politisch zunehmend unter Druck. Jetzt sollte die Gewinnausschüttung an die Kantone besser geregelt werden.
Vor einem Jahr hob die Nationalbank überraschend den Mindestkurs zum Euro auf. Nach dem Frankenschock kämpfen viele Unternehmen der Exportindustrie und im Tourismus ums Überleben. Auch die Politik schaltete in den Krisenmodus. Zahlreiche parlamentarische Vorstösse zielen mehr oder weniger direkt auf die Unabhängigkeit der Nationalbank. Verlangt werden Änderungen betreffend Auftrag, Aufsicht und Zusammensetzung des heute dreiköpfigen Direktoriums. Die Wirtschaft stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt. Aber bisher zeigte sich die Wirtschaft weit widerstandsfähiger als befürchtet, die grosse Krise blieb aus. Sollten jedoch Verlagerungen ins Ausland
anhalten und die Arbeitslosigkeit steigen, wird sich der Druck auf die Nationalbank erhöhen.
Nur dank einer ungewöhnlichen Frankenschwäche an Silvester reduzierten sich die Verluste auf den Devisenbeständen der Nationalbank in den letzten Handelsstunden des alten Jahres um mehrere Milliarden Franken. Das weckt den Verdacht, die Nationalbank
habe mit Devisenkäufen nachgeholfen. Fakt ist, dass Bund und Kantone ohne dieses Silvesterwunder auf die Ausschüttung von einer Milliarde Franken hätten verzichten müssen.
Im laufenden Jahr muss die Vereinbarung über die Gewinnausschüttung neu verhandelt werden. Die jetzige Regelung beeinträchtigt die Unabhängigkeit der Nationalbank. Mancher der klammen Finanzdirektoren hat den Geldsegen fix budgetiert. Die Anlageerträge gehören den Aktionären und der öffentlichen Hand. Aber Buchgewinne auf Devisen dürfen nicht verteilt, sondern müssen zurückgestellt werden. Denn auf dem
enormen Fremdwährungsbestand werden auch in Zukunft Verluste entstehen. Die Nationalbank hat wichtigere Aufgaben als die Sanierung der kantonalen Haushalte.