Plastikmüll in den Ozeanen ist ein ernsthaftes Problem für die Tierwelt. Vor zwei Wochen verliess der 600 Meter lange Müllfänger der Stiftung The Ocean Cleanup San Francisco, um ein Gebiet zwischen Kalifornien und Hawaii von Plastik zu säubern. Die Begeisterung über das kühne Unterfangen ist gross, die Medienaufmerksamkeit ebenfalls.
Grösser als die Begeisterung mancher Umweltschützer ist allerdings die Frustration der Experten. Warum setzt man eine neue, teure Technologie ausgerechnet dort ein, wo die Konzentration von Plastik am geringsten ist, der Betrieb und Unterhalt des Müllfängers aber am aufwendigsten?
Der Plastikmüll entsteht hauptsächlich wegen fehlender und unsachgemässer Entsorgung. Über 70 Prozent davon stammt aus Asien, 17 Prozent aus Afrika und dem Nahen Osten, 5 Prozent aus Südamerika. Die Online-Publikation Our World in Data hat dazu die Fakten zusammengetragen:
95 Prozent des Plastiks gelangt über die grossen Flüsse Asiens und Afrikas ins Meer:
Falls die Technologie des Ocean Cleanup funktioniert, sollte man sie nicht mitten im Ozean, sondern an den Mündungen der dreckigsten Flüsse einsetzen.
Auch das wäre noch nicht besonders effektiv. Mit dem gleichen Aufwand liesse sich dramatisch mehr erreichen, wenn man Abfallentsorgungssysteme in Asien und Afrika aufbauen würde.
Man soll das eine tun und das andere nicht lassen, wird argumentiert. Das stimmt nicht. Geld, das für unwirksame Aktionen ausgegeben wird, steht für Sinnvolles nicht mehr zur Verfügung. Mit kleinen Schritten schafft man es auch ans Ziel, heisst es. Aber das gilt nicht, wenn der Plastikabfall schneller wächst, als ihn der Müllfänger aus dem Meer fischen kann.
Dass es allerdings noch wirkungsloser geht, beweist die EU: Sie will Strohhalme verbieten. Selbst wenn Europa und Nordamerika Plastik komplett verbannen würden, nähme der weltweit auf Land und im Wasser unsachgemäss entsorgte Plastikmüll um weniger als 5 Prozent ab.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 23. September 2018