Opportunitätskosten

Gratisschulden sind nicht gratis

21.8.2016 / Armin Müller

Städte und Kantone können Schulden machen ohne dafür Zins zu zahlen. Zu verdanken ist das ihrer Kreditwürdigkeit und den Negativzinsen, welche die Nationalbank im Januar 2015 eingeführt hat.

Wo es etwas gratis gibt, muss man zugreifen. Das finden jedenfalls manche Politiker und fordern, durch zusätzliche Verschuldung Infrastrukturausgaben zu finanzieren. Das könnte bei hoher Arbeitslosigkeit Sinn machen, aber nicht in der aktuellen Situation der Schweiz. Für welche Infrastrukturen sich neue Schulden lohnen würden, ist ebenso wenig ersichtlich.

SP-Nationalrätin Jacqueline Badran fordert, die Stadt Zürich solle sich Immobilien oder Wohnland kaufen. Häuser würden eine jährliche Rendite von etwa zwei Prozent abwerfen. Zudem steige der Bodenwert. «Das ist ein tolles Geschäft. Jeder Kapitalist würde so handeln», sagte sie dem «Tages-Anzeiger»Dass eben nicht jeder so handelt, sollte misstrauisch machen. Immobilien- und Bodenpreise in Schweizer Städten sind hoch. Hohe Preise bedeuten aber tiefe Renditen. Und gute Renditen in der Vergangenheit sind keine Garantie für die Zukunft. Das mussten Hauskäufer immer wieder erfahren.

Aber Schulden bleiben Schulden, sie müssen zurückgezahlt werden. Dass die dafür nötige Besteuerung hohe Kosten verursacht, übersehen Politiker gerne. Noch häufiger aber ignorieren sie, dass einmal ausgegebenes Geld nicht mehr anderweitig verwendet werden kann. Die Ressourcen, die sich der Staat mit dem geliehenen Geld kauft, stehen Privaten nicht mehr zur Verfügung. Die Opportunitätskosten entsprechen der Rendite, welche Private damit hätten realisieren können. Sie sind sicher nicht Null.

Es ist immer besondere Vorsicht geboten, wenn jemand einen sicheren Gewinn verspricht. Denn nichts ist umsonst. Nicht mal Gratisschulden.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 21. August 2016
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