Gleichberechtigung verstärkt die Unterschiede

Männer und Frauen unterscheiden sich in der Berufswahl stark. Informatiker in der Schweiz sind zu 89 Prozent männlich, Ingenieure zu 88 Prozent. 86 Prozent der diplomierten Pflegepersonen und 79 Prozent der Primarlehrer sind Frauen. In Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik machen die Frauen in der Schweiz nur 30 Prozent der Studierenden aus. Das habe mit Geschlechterstereotypen und Diskriminierung zu tun, glauben viele, Erziehung und Politik müssten das ändern. Sie erwarten, dass die geschlechtsspezifischen Unterschiede in den Präferenzen mit der Verwirklichung der Gleichberechtigung abnehmen werden.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse deuten in eine andere Richtung. In einer neuen Studie verglichen die Ökonomen Armin Falk und Johannes Hermle anhand der Daten von 80000 Personen in 76 Ländern die geschlechtsspezifischen Unterschiede in den Präferenzen mit der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Stand der Geschlechtergleichheit. Sie stellen fest: Die Unterschiede in den Präferenzen zwischen Frauen und Männern verringern sich nicht, wenn Gleichberechtigung herrscht. Im Gegenteil, sie verstärken sich, wenn Chancengleichheit und Wohlstand zunehmen. Die Schweiz und Skandinavien finden sich diesbezüglich in der Spitzengruppe.

Ein höheres Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung und die Gleichstellung der Geschlechter macht es Frauen leichter, bei der Studien- und Berufswahl ihren Interessen und Neigungen nachzugehen. Eine gleiche Geschlechterverteilung in Studienfächern und Berufen kann nicht das Ziel sein. Chancengleichheit sollte es sein. In einer Welt der Chancengleichheit treffen Frauen und Männer freie Entscheidungen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 21. Oktober 2018

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