Der bescheidene Trump-Effekt an der Börse

Die US-Börse boomt, und Trump wäre nicht Trump, wenn er das nicht in zahlreichen Tweets als sein Verdienst darstellen würde. Einem Faktencheck halten diese selten stand. 2017 war tatsächlich ein gutes Jahr für die Börsen, der S&P-Index stieg um rund 20 Prozent, der Dow Jones um 25. Aber jeder Börsenanfänger weiss: Was zählt, ist die relative Performance. Nach Trumps Logik wären die wahren Helden Argentiniens Präsident Mauricio Macri (+77 Prozent), der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (Türkei: +48) oder Nigerias Präsident Muhammadu Buhari (Nigeria: +42). Der Börsenaufsteig begann zudem schon nach der Finanzkrise unter Obama.

Aber man gibt den Politikern zu viel Kredit, wenn man sie für die Konjunktur oder die Börsenentwicklung verantwortlich macht. Die Kurse spiegeln Gewinnerwartungen der Unternehmen und übertreiben in beide Richtungen. Eine präsidiale Wirkung auf Aktienkurse dürfte man eher erwarten, wenn Trump bestimmte Firmen favorisiert oder attackiert. Der US-Vermögensverwalter Barry Ritholtz bildete dazu zwei Indizes. Den «Oligarchen»-Index mit Unternehmen, die von Trump gelobt oder favorisiert wurden. Und den «Sumpf trockenlegen»-Index mit den von Trump kritisierten Firmen wie Amazon, Boeing, Tesla, General Motors oder New York Times. Der «Oligarchen»-Index legte 2017 um 20 Prozent zu – der «Sumpf»-Index gewann satte 42 Prozent.

Trump zum Feind zu haben, scheint nicht zu schaden. Das dürfte dem mächtigsten Twitterer der Welt nicht gefallen. Für alle anderen ist es beruhigend: Der Zusammenhang zwischen Politik und Börse ist nicht so klar, wie sich das Trump vorstellt. Politiker haben weniger Einfluss, als sie glauben.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 21. Janaur 2018

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