Selber vorsorgen, sonst kommen die Kesb!

Haben Sie schon einen Vorsorgeauftrag geschrieben und eine Patientenverfügung ausgefüllt? Wahrscheinlich eher nicht: Gemäss einer Umfrage von Pro Senectute hat erst jeder Fünfte eine Patientenverfügung und gar nur jeder Zehnte einen Vorsorgeauftrag erstellt.

Das überrascht mich nicht. Ich habs ja bis jetzt auch nicht getan. Ich weiss natürlich, dass ich das tun müsste. So werde ich seit längerem regelmässig daran erinnert. Eine sehr praktische App, eine To-do-Liste mit Erinnerungsfunktion, schickt mir nämlich allmonatlich eine Liste von Aufgaben ohne Fälligkeitsdatum, die ich mir zu erledigen vorgenommen habe. Darunter unter anderem: «Testament, Patientenverfügung machen». Die App ist wirklich sehr praktisch, und so ist es auch ein Leichtes, die Aufgabe zu verschieben. Ein Wisch genügt, und einen Monat später poppt die Erinnerung wieder auf.

Wir beschäftigen uns lieber mit den angenehmeren Seiten des Lebens als mit Krankheit und Tod. Nichts widerstrebt uns innerlich mehr, deshalb verdrängen wir es nur allzu gern.

Aber es ist zweifellos besser, Dinge zu regeln, solange man dazu noch in der Lage ist. Sonst bestimmen im Notfall nicht unsere Liebsten über uns, sondern die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb). Zwar sollte das neue Erwachsenenschutzgesetz das Selbstbestimmungsrecht von Patienten stärken und der staatlichen Einflussnahme Grenzen setzen. Aber das Gesetz gibt den Kesb viel Macht über uns. Dass nur jeder Zehnte einen Vorsorgeauftrag hat, hängt auch mit den hohen Anforderungen zusammen. Man muss ihn wie ein Testament selber vollständig von Hand schreiben oder bei einem Notar beurkunden lassen. Und selbst dann können sich die Kesb darüber hinwegsetzen: Gemäss Gesetz prüfen sie, ob «die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist und weitere Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind».

Die Behörde weiss offenbar besser als ich selbst, was für mich gut ist und wem ich mich anvertrauen will.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der SonntagsZeitung vom 1. Oktober 2017

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